Misteln: Alles Wissenswerte über die Baumparasiten
Kurzporträt: Mistel
Die Weißbeerige Mistel (Viscum album) gehört zur Familie der Sandelholzgewächse (Santalaceae) und lebt als Halbschmarotzer in Bäumen. Ohne Gegenleistung zapft sie die Leitungsbahnen ihres Wirts an und raubt Wasser und darin gelöste Nährsalze. Dazu nutzt sie spezielle Saugwurzeln, Haustorien genannt. Im Gegensatz zu einem echten Schmarotzer, der auch Stoffwechselprodukte über seine Wirtspflanze bezieht, betreibt die Mistel selbstständig Photosynthese und bildet die lebensnotwendigen Zuckerverbindungen daher selbst. Zusätzlich profitiert der Baumparasit durch sein Wachstum in der Baumkrone von einem Platz an der Sonne und findet optimale Lebensbedingungen.
Trotz guter Voraussetzungen wächst der immergrüne Halbschmarotzer sehr langsam. Während der ersten drei Jahre besitzt die junge Pflanze lediglich zwei Blätter, die sich ab dem vierten Lebensjahr jährlich verdoppeln. In bis zu siebzig Jahren erreicht die Mistel dennoch einen Durchmesser von bis zu einem Meter. Da der Hemiparasit zweihäusig ist, gibt es weibliche und männliche Pflanzen.
Vorkommen
Als immergrüne Pflanzen kommen Misteln vor allem im Winter zur Geltung, wenn ihre Wirtsbäume kahl sind. In feucht-milden Klimazonen sind die Baumparasiten am weitesten verbreitet, während sie im trockenen, kontinentalen Klima Osteuropas eher selten anzutreffen sind.
Im Winter verträgt die Mistel weder starken Frost noch eine intensive Wintersonne. So leidet sie einerseits unter Wassermangel, wenn die Leitungsbahnen ihrer Wirtspflanzen einfrieren und neigt andererseits aufgrund ihres immergrünen Blattwerks zu Verbrennungen. In beiden Fällen zeigen die Blätter eine bräunliche Verfärbung und vertrocknen.
In Mitteleuropa lassen sich Misteln in drei verschiedene Unterarten einteilen: Laubholz-Mistel, Tannen-Mistel und Kiefern-Mistel. Die Tannen-Mistel hat sich auf Tannen spezialisiert und befällt diese ausschließlich. An Fichten und Kiefern ist zudem die Kiefern-Mistel anzutreffen.
Die Laubholz-Mistel lebt bevorzugt auf Ahornbäumen, Apfelbäumen, Birnenbäumen, Birken, Eichen, Linden, Pappeln, Weiden und Weißdorn. Sie befällt allerdings auch Baumarten wie die Amerikanische Eiche, die nicht einheimisch sind. Pflaumenbäume, Platanen, Rotbuchen, Süßkirschen und Walnussbäume dienen hingegen nicht als Wirt.
Verbreitung
Die Mistel präsentiert sich als wahrer Verbreitungskünstler. Um sich einen sonnigen Platz in der Baumkrone zu sichern, nimmt sie die Unterstützung heimischer Vogelarten in Anspruch. Ab Dezember trägt der Parasit weiße Beeren, die Vögeln eine willkommene Nahrungsquelle während der kalten Jahreszeit bieten.
Die Beeren besitzen ein klebriges Fruchtfleisch, das am Schnabel der Vögel haften bleibt. Putzen sie ihren Schnabel an einem Ast, verteilen sich die Samen der Mistel. Zusätzlich verfügen die Samen über eine unverdauliche Schale und werden daher unverdaut wieder ausgeschieden. So finden Mistelsamen nicht nur einen optimalen Platz in der Baumkrone, sondern erhalten zusätzlich einen nährstoffreichen Dünger.
Schadbild
Als Hemiparasiten bedienen sich Misteln an der Wasser- und Nährstoffversorgung ihres Wirtsbaumes. Solange das Angebot an Wasser und Nährstoffen ausreichend groß ist, tragen befallene Gehölze keinen nennenswerten Schaden von einem Mistelbefall davon. Kommt es während der Sommermonate allerdings zu langanhaltender Hitze und Dürreperioden, wirken sich Misteln negativ auf die Vitalität der befallenen Bäume aus.
Stehen Bäume unter Trockenheitsstress oder sind durch Krankheitserreger geschwächt, kann ein starker Mistelbefall zum Absterben von Ästen und Kronenteilen führen. Fallen die Ressourcen besonders knapp aus, können die immergrünen Halbschmarotzer sogar zum Absterben ganzer Bäume beitragen.
Misteln von Bäumen entfernen
In der Natur dient die Mistel als eine wertvolle Pflanze, die einer Vielzahl einheimischer Vogelarten eine willkommene Winternahrung bietet. Auch Insekten finden Nahrung und Unterschlupfmöglichkeiten. Der Halbschmarotzer dient zudem als traditioneller Weihnachtsschmuck und wird nicht selten zu medizinischen Zwecken verwendet. Folglich ist es zwar nicht notwendig, die Mistel vollständig auszurotten, doch empfiehlt sich in einigen Fällen das Entfernen der Pflanze. So sollte sie sich nicht in Streuobstwiesen, auf Obstgehölzen, geschwächten oder kranken Bäumen ausbreiten.
Wer die Mistel von einem Baum entfernen möchte, kann zu verschiedenen Maßnahmen greifen. Als effektivste Methode gilt ein großzügiger Rückschnitt. Um alle Saugwurzeln aus der Rinde des befallenen Baumes zu entfernen, sollte der Ast um rund 30 Zentimeter zurückgeschnitten werden. Hat sich der Mistelbefall stark ausgebreitet oder sind Äste in Stammnähe betroffen, sollte kein radikaler Rückschnitt erfolgen, um nicht zu viel Astmaterial und Blattmasse zu entfernen. Stattdessen empfiehlt sich ein Rückschnitt der Mistel direkt an der Baumrinde.
Die Saugwurzeln verbleiben bei dieser Methode zwar in der Rinde, doch benötigt die Mistel rund drei Jahre für einen Neuaustrieb. Während dieser Zeit kann sich der befallene Baum erholen und muss keine Ressourcen teilen. Um den Mistelbefall in Grenzen zu halten, ist ein Rückschnitt der immergrünen Pflanzen alle paar Jahre notwendig.
Misteln sammeln
Entgegen einer weitverbreiteten Meinung steht die Mistel nicht unter Naturschutz. Wer möchte, kann die immergrünen Büsche daher zu Dekorationszwecken sammeln. Wichtig ist hierbei, dass die Pflanzen nur für private Zwecke gesammelt werden dürfen und gewerbliche Sammler eine Genehmigung der Gemeinde benötigen.
Wer eine Mistel von einem Baum entfernt, muss außerdem darauf achten, dass dieser nicht beschädigt wird. Durch den Befall ist das Gehölz oftmals geschwächt und sollte deshalb keinen weiteren Verletzungen ausgesetzt werden. In keinem Fall dürfen daher Äste oder Teile der Baumkrone entfernt werden. Stattdessen lässt sich die Mistel mit einem scharfen Messer direkt an der Rinde abschneiden.
Häufig gestellte Fragen
Ist ein Mistelbefall für Bäume gefährlich?
Für gesunde Bäume, die an ihrem Standort genügend Wasser und Nährstoffe aufnehmen können, ist ein Mistelbefall in der Regel nicht gefährlich. Breitet sich der Halbparasit jedoch stark aus oder wird das befallene Gehölz durch Trockenheitsstress oder Krankheitserreger zusätzlich geschwächt, kann ein starker Mistelbefall zum partiellen oder vollständigen Absterben eines Baumes führen.
Wann sollten Misteln von einem Baum entfernt werden?
Misteln sollte sich nicht auf Obstgehölzen oder in Streuobstwiesen ausbreiten. Bei kranken und geschwächten Bäumen empfiehlt es sich ebenfalls, die immergrünen Büsche zu entfernen, da sie die Vitalität der Gehölze negativ beeinflussen.
Stehen Misteln unter Naturschutz?
Misteln stehen nicht unter Naturschutz. Sie dürfen für private Zwecke und mit einer Genehmigung der Gemeinde auch für gewerbliche Zwecke gesammelt werden.
Sind Misteln giftig?
Fast alle Pflanzenteile der Mistel sind gering giftig - sowohl für Menschen als auch für Tiere. Lediglich die Mistelbeeren gelten als ungiftig und werden gerne von Vögeln gefressen. Vom Verzehr wird dennoch abgeraten, da die klebrigen Beeren leicht im Rachen hängen bleiben.
In der klassischen Heilpflanzenkunde unterstützt die Mistel Therapien gegen Bluthochdruck und Arthrosen und gilt seit Anfang des 20. Jahrhunderts, wenn auch umstritten, als alternatives Heilmittel gegen Krebs.
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