Pflanzenwissen

Efeu an Bäumen: Schädlicher Befall oder wertvoller Bewuchs?

Bäume werden von Efeu häufig als Kletterhilfe genutzt und dabei an Stamm und Ästen eng umschlungen. Wir gehen fünf Mythen rund um Efeubewuchs an Bäumen auf den Grund und klären, ob sie wahr oder falsch sind.

Efeu rankt um einen Baum
Um Efeu an Bäumen ranken sich viele Mythen
Inhaltsverzeichnis

Efeu an Bäumen: Schädlich oder harmlos?

Sonnenlicht, Wasser und Nährstoffe: Efeu (Hedera helix) ist vielen Menschen als Dieb bekannt, der Bäumen die Lebensgrundlage raubt und sich wie ein Parasit um ihren Stamm windet. Der immergrünen Kletterpflanze wird nachgesagt, sie erwürge Bäume und wirke sich negativ auf deren Statik aus.

Obwohl Efeu aufgrund dieser Mythen wie ein schädlicher Befall an Bäumen wirkt, wissen viele Hobbygärtner um die hohe Insekten- und Bienenfreundlichkeit der Pflanze. Das dichte Blattwerk offeriert Insekten einen willkommenen Unterschlupf, während die unscheinbaren Blüten ab September eine wichtige Nahrungsquelle für Bienen, Faltwespen, Marienkäfer, Schmetterlinge, Schwebfliegen und Solitärwespen bieten.

Insektenfressende Gartenvögel freuen sich über die große Insektenvielfalt und finden im Efeu ebenfalls eine Nahrungsquelle. Für beerenfressende Vögel hält die Pflanze während der Wintermonate schmackhafte Beeren bereit, die vor allem auf dem Speiseplan von Amseln, Drosseln und Staren stehen. Amsel, Sommergoldhähnchen, Zaunkönig und Zilpzalp bietet die Kletterpflanze zudem attraktive Brutmöglichkeiten.

Doch obwohl Efeu die Artenvielfalt fördert und als Kleinbiotop fungiert, stellt sich die Frage, ob die Kletterpflanze Gehölzen schadet oder sich sogar positiv auf deren Entwicklung auswirkt. Im Folgenden untersuchen wir fünf Mythen rund um den Efeubewuchs an Bäumen und klären, ob diese wahr oder falsch sind.

Mythos 1: Efeu raubt Bäumen das Sonnenlicht

Ein Bewuchs mit Efeu scheint Bäumen das lebensnotwendige Sonnenlicht zu rauben. Die Kletterpflanze erklimmt Höhen von bis zu 20 Meter, überwuchert junge Gehölze mit Leichtigkeit und macht sich nicht selten auch in der Baumkrone breit. Sehr jungen Bäumen kann ein Efeubewuchs tatsächlich schaden, wenn sich die immergrüne Pflanze nicht nur um den Stamm windet.

Im heimischen Garten macht sich Efeu in der Regel nur dort breit, wo es extra gepflanzt wurde. Es rankt daher vor allem um alte, gesunde Bäume, die bereits eine stattliche Größe erreicht haben. Für diese wird die Kletterpflanze kaum zum Problem, da sie weder die gesamte Baumkrone überwuchert noch die überlebenswichtige Photosynthese verhindert.

So wächst Efeu in der Regel nur bis in den Bereich der sogenannten Schattenkrone. Das Sonnenlicht, das Bäume zur Photosynthese benötigen, beziehen diese hingegen über Laubblätter, die endständig an den Feinästen sitzen. Zwischen Efeu und Gehölzen spielt Lichtkonkurrenz im Normalfall also keine Rolle.

Wahrheit: Dieser Mythos gilt nur für junge Bäume.

Mythos 2: Efeu raubt Bäumen Wasser und Nährstoffe

Efeubewuchs an einem jungen Baum
Gesunde Bäume haben selten Probleme mit einem Efeubewuchs, bei jüngeren Pflanzen sollte er dennoch beobachtet werden

Rund um den Baumstamm entwickelt Efeu ein beeindruckendes Wurzelwerk. Für einige Menschen wirkt die Pflanze daher wie ein Parasit, der auf Kosten seines Wirts lebt und diesem wichtige Nährstoffe sowie Wasser entzieht. Efeu nutzt einen Baum jedoch ausschließlich als Kletterhilfe und entwickelt zwei verschiedene Arten von Wurzeln.

Über die sogenannten Bodenwurzeln versorgt sich die Kletterpflanze mit Nährstoffen und Wasser, während die sogenannten Haftwurzeln das Festhalten am Baumstamm ermöglichen. Für die Baumrinde sind die Haftwurzeln vollkommen harmlos. Sogar die Bodenwurzeln von Baum und Efeu stehen kaum in Konkurrenz.

Die Erfahrung zeigt, dass gesunde Bäume von einem verbesserten Wachstum profitieren, wenn sie sich denselben Standort mit Efeu teilen. Denn das Laub der immergrünen Kletterpflanze verrottet in der Baumscheibe und trägt zu einer allgemeinen Bodenverbesserung bei.

Wahrheit: Efeu entzieht Bäumen keine Nährstoffe und sorgt stattdessen für eine Bodenverbesserung.

Mythos 3: Efeu erdrückt Bäume

Aufgrund des beeindruckenden Wurzelwerks und der dichten Laubblätter scheint Efeu Bäumen Licht und Luft zu rauben. Es wirkt, als könne die Kletterpflanze Gehölze erdrücken und durch die kräftigen, teilweise stammähnlichen Triebe lebensbedrohlich einengen.

Entgegen dieser Annahme bildet Efeu sogar eine Art natürliches Schutzschild, das lichtempfindliche Bäume vor starker Sonneneinstrahlung und Sonnenbrand bewahrt. Im Winter profitieren Bäume wie die Buche, die bei starker Wintersonne anfällig für Frostrisse sind, zusätzlich von einem Kälteschutz.

Da es sich bei Efeu nicht um eine schlingende Kletterpflanze handelt, engen ihre Triebe Gehölze nicht ein. Die immergrüne Pflanze wächst lediglich an Bäumen empor und hält sich an diesen fest, um sich einen helleren und sonnigeren Platz zu sichern.

Wahrheit: Bäume dienen lediglich als Kletterhilfe und profitieren eher von einem Efeubewuchs.

Mythos 4: Efeu wirkt sich negativ auf die Statik aus

Ein weiterer Mythos rund um den Efeubewuchs an Gehölzen besagt, dass die Kletterpflanze einen negativen Einfluss auf deren Statik habe und diese zum Umfallen bringen könne. Handelt es sich um einen gesunden Baum, ist diese Sorge unbegründet. Rankt Efeu hingegen um sehr junge, geschwächte oder kranke Bäume, kann sich der Bewuchs tatsächlich negativ auf die Stabilität auswirken.

Junge Bäume, geschwächte und kranke Gehölze besitzen oftmals keine besonders hohe Eigenstabilität und können bei starkem Wind oder hoher Schneelast durchaus umfallen. Wächst zusätzlich ein vitaler Efeu an den Gehölzen empor, müssen diese ein zusätzliches Gewicht tragen, das die Standfestigkeit mindern kann.

Überwuchert die Kletterpflanze die Baumkrone, trägt sie ebenfalls nicht zur Standfestigkeit eines Gehölzes bei. Was für gesunde Bäume kaum ein Problem darstellt, kann junge, geschwächte oder kranke Bäume zum Umfallen bringen. Denn durch den Bewuchs bieten sie Wind eine höhere Angriffsfläche und müssen im Winter eine erhöhte Schneelast tragen.

Obwohl sich Efeu in einigen Fällen wirklich negativ auf die Statik auswirken kann, bewirkt die Kletterpflanzen manchmal sogar das genaue Gegenteil. Sehr alte Bäume, die bereits seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten umrankt wurden, werden durch die Kletterpflanze nach ihrem Absterben aufrechtgehalten und teilweise für mehrere Jahre vor dem Umfallen bewahrt.

Wahrheit: Es ist vom Alter, Wuchs und Zustand des Baumes abhängig, ob Efeu schadet oder die Pflanze sogar stützt.

Mythos 5: Efeu an Bäumen muss immer entfernt werden

Baumpilze unter Efeu
Insbesondere bei beschädigter Rinde sollte Efeu besser entfernt werden, um ein Pilzwachstum zu vermeiden

Entgegen der weiterverbreiteten Meinung, Efeu habe an Bäumen nichts zu suchen, muss die Kletterpflanze nicht immer entfernt werden. Der Bewuchs wirkt sich in der Regel nicht negativ auf das Baumwachstum aus und offeriert sogar einige Vorteile.

So schützt die Kletterpflanze den Stamm vor Sonnenbrand und Frostrissen, liefert durch die Verrottung der Efeublätter wichtige Nährstoffe und trägt zur Bodenverbesserung rund um den Baum bei. Gesunde Gehölze können sich ihren Standort problemlos mit einem vitalen Efeu teilen.

Bei jungen, geschwächten und kranken Bäumen empfiehlt es sich allerdings, den Efeubewuchs genau im Auge zu behalten. Die Kletterpflanze sollte lediglich den Stamm beranken und nicht bis in die Baumkrone vordringen. An Gehölzen mit dünnen Ästen sollte die Kletterpflanze entfernt werden, da diese das zusätzliche Gewicht oftmals nicht tragen können.

Weist ein Baum Beschädigungen an der Rinde auf, sollte er der Kletterpflanzen nicht als Rankhilfe dienen. Denn der Bewuchs schafft ein günstiges Klima für das Wachstum von Pilzen, die über die empfindliche Baumrinde in das Gehölz eindringen können. Da sich die im Efeu lebenden Insekten negativ auf die Entwicklung und Ernte von Früchten auswirken, sollten auch Obstbäume frei von Efeu bleiben.

Wahrheit: Bei gesunden Bäumen ist ein Efeubewuchs unproblematisch und sollte nur bei geschwächten und jungen Pflanzen sowie Obstbäumen gegebenenfalls entfernt werden.

THEMEN:   Kletterpflanzen Pflanzenwissen

Autor Jennifer Nagel
Über die Autorin
Jennifer Nagel
Nach einem redaktionellen Praktikum entdeckte Jennifer ihre Liebe zur Sprache und begann ein Studium zum Werbetexter und Konzeptioner. Sie arbeitet als freie Redakteurin und Lektorin und bereichert unser Magazin seit 2021 mit ihrem umfassenden Gartenwissen.
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